Kreis Böblingen — Paukenschlag in der Debatte um die Zukunft des Klinikverbundes Südwest. Der Kreis Calw hat offenbar Kontakte mit einem privaten Krankenhaus-Unternehmen und erwägt den Bau einer großen Klinik in Calw. Nach einem Bericht des „Schwarzwälder Boten“ will der Calwer Landrat Helmut Riegger (CDU) am heutigen Mittwoch die Spitzen der dortigen Kreistagsfraktionen und des Aufsichtsrates der Kreiskliniken Calw-Nagold über seine Geheimverhandlungen den vergangenen Wochen informieren.
Demnach soll ein privater Reha-Träger stark an dem Bau einer großen Klinik mit angeschlossener Reha-Abteilung direkt in Calw interessiert sein. Bisher hatte der Klinikverbund in der Kreisstadt im Nordschwarzwald lediglich ein kleineres Krankenhaus vorgesehen.
Massive Konsequenzen für den Klinikverbund möglich
Sollte es tatsächlich zu ernsthaften Verhandlungen zwischen dem Kreis Calw und dem Privatunternehmen kommen, so könnte dies massive Konsequenzen für den Klinikverbund Südwest haben. Denn will ein Investor in der Hermann-Hesse-Stadt bauen, so müsste er dem defizitären Klinikverbunden beitreten. Oder aber die dortigen Kreiskliniken steigen aus dem Klinikverbund komplett aus.
Der Verlust eines ganzen Landkreises als Mitträger und zweier Krankenhäuser würde am Klinikverbund nicht folgenlos vorbeigehen. Das vom Böblinger Kreistag mit Mehrheit beschlossene Medizinkonzept dürfte dann kaum mehr umsetzbar sein. Zentrales Element des in der Region Leonberg hoch umstrittenen Medizinkonzepts ist der Bau einer Zentralklinik auf dem Flugfeld zwischen Böblingen und Sindelfingen. Bisher vermutete Kosten: 360 Millionen Euro.
Ob das Stuttgarter Sozialministerium im Falle eines Calwer Ausstiegs aus dem Klinikverbund die Pläne weiterhin gutheißt, scheint zweifelhaft. Noch vor der Sommerpause hat die Sozialministerin Karin Altpeter (SPD) öffentlich verlangt, „die langfristigen Vorzüge eines Neubaus am Flugfeld klar herauszuarbeiten“. Die in dieser Deutlichkeit eher ungewöhnliche Erklärung hatte sie nach einem Gespräch mit den Landräten Roland Bernhard und Helmut Riegger veröffentlichen lassen.
Landratsamt hält sich noch bedeckt
Im Landratsamt Böblingen reagiert man mit einer dreizeiligen Erklärung auf die neue Entwicklung in der westlichen Nachbarschaft: „Wir wurden vom Landratsamt Calw informiert, dass dort über die Zukunft der Kliniken neu nachgedacht wird. Wir haben den Landkreis Calw gebeten, uns deren Überlegungen darzulegen. Wir warten auf diese Erläuterungen und werden ohne gesicherte Informationen keine Gerüchte kommentieren.“ Mehr will die Kreisbehörde dazu nicht sagen.
In den Kreistagsfraktionen sorgt die Nachricht allerdings für große Aufregung. Nach Informationen unserer Zeitung wollen die Fraktionsspitzen in der kommenden Woche zu einer Krisensitzung zusammenkommen. Und in Leonberg gibt es dem Vernehmen nach erste Überlegungen, die Kontakte zum Robert-Bosch-Krankenhaus erneut zu aktivieren.
Thomas K. Slotwinski, Leonberger Kreiszeitung vom 08.10.2014