220529 BI - Auswirkung Fusion

geschrieben am

11.04.2022

Auswirkungen der geplanten Fusion der Gesellschaften - Arbeitsgruppe 2


von Prof. Neufang, OB Florian Kling, Dr. Steffi Druckenmüller

In einer Arbeitssitzung hat der Aufsichtsrat der Kreiskliniken Calw Nagold und wohl auch der Aufsichtsrat des Klinikverbunds Südwest beschlossen, die bisher selbständigen GmbH ́s - so die Kreiskliniken Calw Nagold gGmbH - mit dem Klinikverbund Südwest zu verschmelzen. Hierzu wird zunächst eine sog. Findungs-kommission eingesetzt; sodass aktuell keine Entscheidung zu erwarten ist Gleichwohl ist es sinnvoll, bereits im Vorfeld Bedenken vorzutragen.

1. Bestehende Verträge

Zum besseren Verständnis werden nachstehend folgende Informationen zu den 

bestehenden Verträgen gegeben:

a) Konsortialvertrag aus dem Jahre 2005 zur Gründung des Klinikverbunds Südwest

Auszug aus der Vorbemerkung: 

... Die Gesellschafter werden diese Krankenhäuser möglichst im gleichen Maße entsprechend unter Berücksichtigung der medizinischen, personellen, technischen, organisatorischen und baulichen Maßgaben weiterentwickeln....

b) Gesellschaftsvertrag der Kreiskliniken Calw Nagold gGmbH

Gesellschafter sind der Landkreis Calw zu 49% und der Klinikverbund Südwest GmbH (darin Landkreis Calw 24,9% und Landkreis Böblingen 75,1%) zu 51%.


Der/die Geschäftsführer des Klinikverbunds Südwest sind auch Geschäftsführer der Kreiskliniken Calw Nagold gGmbH und dies aus steuerrechtlichen Gründen (umsatzsteuerrechtliche Organschaft). 


Die Gesellschaft hat einen Aufsichtsrat, dem zwei Arbeitnehmer angehören. (Dies ist ein Verstoß gegen die gesetzlichen Regelungen; § 4 DrittelbG, welches die Besetzung des Aufsichtsrats ab einer gewissen Größe mit einem Drittel Arbeitnehmervertreter regelt)

c) Klinikverbund Südwest

Der Landkreis ist zu 24,9 % beteiligt; er hat damit nicht einmal eine Sperrminorität. Der § 10 Abs. 7 der Satzung regelt, dass bestimmte Vorgänge der mehrheitlichen Zustimmung der entsandten Mitglieder des jeweiligen Landkreises bedürfen.

d) Verlusttragung

Die Verluste der Kreiskliniken Calw-Nagold gGmbH sind nach dem Konsortialvertrag vom Landkreis Calw auszugleichen. Dies geschieht letztlich über die Kreisumlage. Es gibt schon seither berechtigte Fragestellungen, hinsichtlich der sachgerechten Zuordnung von Erlösen und Ausgaben. Zwei Einzelfälle, bei denen die Patienten in Calw behandelt wurden, jedoch die Erlöse Nagold zugeordnet wurden, sind in der Sitzung am 10.1.2022 angesprochen worden. Zu erwarten ist zudem, dass die Overheadkosten (Kosten der übergeordneten Verwaltung) sich durch den Neubau des Flugfeld-Klinikums erhöhen werden.


Ein Lösungsansatz in der Form, dass max. Verluste in der Höhe der Beteiligung (24,9 %) getragen werden, ist gleichfalls nicht sachgerecht. Dies vor dem Hintergrund, dass die Abmängel größerer Häuser oftmals höher als die von kleineren Häusern sind. Soweit dies der Fall ist, würde es zu einer Finanzierung von Verlusten kommen, die im Kreis Böblingen wirtschaftlich entstanden sind.

e) Fortgang

Es sollen Fusionspläne im Klinikverbund Südwest (KVSW) in Zusammenarbeit mit einer Unternehmens-beratung unter Beiziehung einer sog. Findungskommission erarbeitet werden. Letztendlich muss der Kreistag einer solchen Fusion zustimmen. Nach der GPA-Mitteilung 8/2002 Az. 924.2 vom 1.7.2002 ist es unzulässig, Abmängel/ Verluste/ Defizite auszugleichen, wenn man diese gesellschaftsrechtlich nicht beeinflussen kann. Eine solche Möglichkeit erfordert eine Mehrheit im gesellschaftsrechtlichen Sinne. Diese Grundsätze sind bei allen Vertragsänderungen zu beachten. Eine solche wäre mit der Fusion gegeben.

2. Problemstellungen

Das Grundproblem ist die geringe Beteiligung des Landkreises Calw an der Klinikverbund Südwest GmbH des Landkreises. Damit kann der Landkreis Böblingen seine Interessen durchsetzen. Ein Korrektiv kann allenfalls die Rechtsprechung des BGH zum Schutz der Minderheitsrechte sein, was aber ein stumpfes Schwert ist, denn dies muss eingeklagt werden. 

Damit stellt sich die Frage nach der zukünftigen Verlusttragung. Kaum zu erwarten ist, dass die Verluste von Calw und Nagold vom Landkreis Böblingen und umgekehrt getragen werden. Aufgrund der Machtkonzentration ist zu befürchten, dass 

  • lukrative Maßnahmen künftig im Flugfeldklinikum behandelt werden,
  • eine Personalsteuerung zu Gunsten des Flugfeld-Klinikum erfolgt,
  • die Chefärzte in den Kliniken Calw und Nagold durch eine Unterstellung an den Fachbereichsleiter im Flugfeld Klinikum „entmachtet“ werden,
  • Overheadkosten nicht sachgerecht verteilt werden. 


Damit wird die Verlustsituation der Kliniken in Calw und Nagold noch dramatischer, was zwangsläufig Auswirkungen auf die Kreisumlage hat. Wie bei anderen Gesellschaften wird der Gesellschafter mit dem höchsten Anteilsbesitz den Aufsichtsratsvorsitzenden stellen. 


Der § 10 Abs. 7 der Satzung ist hinfällig, weil es keine von den Kreisklinken Calw Nagold gGmbH entsandten Aufsichtsratsmitglieder mehr gibt. Im Übrigen hat dieser Paragraf bei der Bestellung von Herrn Loydl zum einzigen Geschäftsführer nicht gezogen. 

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